Von der Kamera bis ins Web
Unser Foto-Workflow und Tools kurz vorgestellt



Bei Manchen fängt es mit der Smartphone Bildersammlung an. Bei Anderen mit Blick auf die hundert oder tausende von Fotos, die sich auf der Speicherkarte oder der Festplatte ansammeln. Über kurz oder lang stellt sich irgendwann die Frage: Wie halte ich die produzierte Bilderflut sinnvoll in Schach?
Auch wir mussten uns eines Tages dem Problem stellen und haben viel Arbeit investiert, um eine passende Lösung für uns zu kreieren.

Kernherausforderung bei einem stetig wachsenden Archiv, ist natürlich das Wiederfinden, wenn man sich nicht bei jedem Foto auf die Suche nach der berühmten "Nadel im Heuhaufen" machen will. Weitere Aspekte, z.B. die Wahl der Dateiformate, Bearbeitungstools oder auch des Speicherorts, begleiteten diese zentrale Hausforderung.

Folgend liefern wir einen Einblick, wie wir diese Fragestellung für uns gelöst haben.
Schon allein wegen den teils von uns selbst entwickelten Tools, lässt sich unser Workflow nicht für jedermann 1:1 zu übernehmen. Das Werkzeug oder die Werkzeugkette die für jeden perfekt funktioniert gibt es auch nicht. Das gilt aber auch für die am Markt befindlichen All-In-One Lösungen. Als prominentestes Beispiel sei hier Lightroom genannt. Für uns kam es schon allein wegen fehlender Multiuser/Netzwerkunterstützung nicht in Frage. Spätestens auch seit Adobe seine vergangenen Aussagen revidiert hat und inzwischen bei Lightroom ebenfalls nur noch auf das Abo-Modell setzt, hat sich unsere Entscheidung bestätigt.
Wahrscheinlich kann man unsere Lösung nicht als die Kompakteste und Intuitivste bezeichnen, aber vielleicht bietet sie dennoch eine Inspiration für jene, die wie wir, eine Lösung abseits der Mainstream Tools suchen.

Bevor wir auf die Tools und Details eingehen, werfen wir zunächst einen kurzen Blick auf unseren gesamten Workflow. Dieser besteht aus insgesamt 6 Schritten. Wobei die letzten beiden Schritte nur optional sind und nur bei den Fotos Anwendung findet, die wir aktuell weiter verwerten wollen.

  • Schritt 1: Temporäre Ablage
    Leeren der Speicherkarten und sichern der Aufnahmen auf der Platte.  
  • Schritt 2: Sichten
    Das Rohmaterial durchgehen. Das heißt aussortieren was unscharf, unbrauchbar, doppelt oder sonst wie unerwünscht ist.
  • Schritt 3: Anreichern/Verschlagworten
    In diesem Schritt erfolgt die manuelle Verschlagwortung, sowie die Anreicherung der Aufnahmen mit den parallel aufgezeichneten GPS-Koordinaten.
  • Schritt 4: Archivieren
    Die Aufnahmen werden an den endgültigen Speicherort verschoben.
  • Schritt 5: Bearbeiten
    Die Fotos aus unserem Archiv für die weitere Verwendung bearbeiten.
  • Schritt 6: Publizieren
    Veröffentlichen unser Aufnahmen.

Nach der kurzen stichpunktartigen Übersicht gehen wir nun ins Detail:
 

Temporäre Ablage

Die temporäre Ablage ist ein unspektakulärer Punkt. Unterwegs entleerten wir die Speicherkarten auf dem Laptop und ggfs. auch auf externe Datenträger. Nach der Heimkehr werden sie, als auch die parallel gesammelten GPX-Dateien, auf die Festplatte übertragen. Hier erfolgt eine rudimentäre Ablage nach Jahr, Monat und ggfs. Session-Bezeichnung (z.B. 4x4 Alpentour). Dies ist bei uns zentral gespeichert und wird durch unsere regelmäßige Datensicherung miterfasst. Als Windows-User reicht uns hier der Explorer als Werkzeug.
 

Sichten

Beim Sichten setzen wir nun schon seit über 10 Jahren auf Photo Mechanic. Für das Programm scheint die Zeit still zu stehen. Es hat sich über die Jahre kaum verändert und die Oberfläche sieht nach heutigen Maßstäben schon etwas altbacken aus. Aber „der Schuster ist bei seinen Leisten geblieben“ und genau das finden wir so großartig an diesem Programm. Denn entgegen vieler anderer Hersteller hat Camera Bits im Laufe der Zeit sein Programm nicht völlig überfrachtet oder perfekt funktionierende Funktionen, durch schlechte Alternativen ersetzt oder sogar eingestellt.
Photo Mechnic beherrscht zwei Disziplinen weiterhin hervorragend:

  1. Extrem schneller Bild-Browser, der alle uns bekannten Bildformate der am Markt befindlichen Kamerahersteller unterstützt.
    Das Geheimnis: Photo Mechanic rendert statt der RAW Daten, die eingebetteten Preview-JPEGs. Dadurch wird der Bildbrowser, im Vergleich zu anderen Programmen, um ein Vielfaches schneller. Zudem unterstützt Photo Mechanic durch diese Methode nebenbei auch Kameras, die erst in Jahren auf den Markt kommen, so dass nicht erst Updates gefahren werden müssen, um die Fotos der brandneuen Kamera anschauen zu können.
    Weiterer positiver Effekt: Die Bilder sehen exakt so aus, wie sie fotografiert wurden und sind identisch zu den Bildern, die man schon auf dem Kameradisplay zu Gesicht bekommen hat. Dagegen neigen viele RAW-Viewer dazu, ihre eigene Interpretation der RAW-Dateien darzustellen.
  2. Schnelle und maximal effiziente, als auch individuelle Verschlagwortung. Die manuelle Arbeit wird dabei mit vielen teilautomatischen Hilfsmitteln vereinfacht.  
    Näheres zu diesem Punkt im nächsten Abschnitt.

Des Weiteren verfügt Photo Mechanic auch über die Möglichkeit Fotos zu markieren (durch Farben) oder zu klassifizieren (durch Sterne). Für unseren Sichtungs-Vorgang setzen wir vor allem auf die Farben, da die Sterne durch einen unbedachten Mausklick schnell verändert werden können.
Nachdem wir in der Vergangenheit das eine oder andere Bild leider etwas voreilig gelöscht haben, sind wir dazu übergegangen die Aufnahmen, die den Stempel „Löschen“ aufgedrückt bekommen, nur mit einer bestimmten Farbe zu markieren. Erst zum Schluss, nach der Finalisierung der Auswahl, werden sie über die Filterfunktionen separiert und auf einen Schlag gelöscht.

Photo Mechanic

Photo Mechanic


Anreichern/Verschlagworten

Bevor wir zum Verschlagworten übergehen, reichern wir die Fotos mit den GPS-Koordinaten an, was uns unter Umständen auch bei der Verschlagwortung unterstützt, da wir uns einfach die GPS-Koordinaten auf der Karte ansehen können, um zu wissen, wo wir gerade waren.
Das Programm unserer Wahl heißt GeoSetter. Mit ihm können wir die EXIF-Daten unserer JPEG-, TIFF- und RAW-Fotos mit Geodaten versehen, die wir parallel zu unseren Aufnahmen aufgezeichnet haben. Die Bedienung ist einfach und unkompliziert. Mit einem einfachen Mausklick werden die Fotos mit den GPS-Koordinaten synchronisiert. Sogar ein manuelles nachjustieren, wenn die Koordinaten, mit Blick auf die integrierte Google-Maps-Karte, doch nicht ganz stimmen (weil das Aufzeichnungsgerät im Auto lag) oder man vergessen hat die Zeitumstellung auf der Kamera durchzuführen, ist möglich.

GeoSetter

GeoSetter

Dann ist unser kurzer Ausflug auch schon beendet und wir kehren zurück zu Photo Mechanic. Hier findet die fiselige Arbeit mit der Verschlagwortung statt. Die Dank der Structured Keywords, nur beim ersten Mal etwas aufwendiger ist. Der Schlagwort-Baum wird manuell, nach eigenem Gutdünken aufgebaut und wächst im Laufe der Zeit zu einem stattlichen Riesen heran. Es können hierarchisch Kategorien, Schlagworte, Synonyme (oder auch Übersetzungen) angelegt werden. Für die Zuordnung zur Aufnahme, kann wahlweise der ganze Schlagwort-Pfad oder auch nur das aktuelle Schlagwort mit den dazugehörigen Synonymen übernommen werden.
Aber nicht nur Schlagworte, sondern auch eine Vielzahl anderer Informationen können wir zusätzlich in separaten Feldern hinzufügen. Das wären zum Beispiel Fotograf, Copyright, Titel, Kontaktdaten von der Adresse bis zur Telefonnummer, Aufnahmeort von der Stadt bis zum Ländercode oder Instruktionen, um nur ein paar zu nennen. Es gibt unserer Meinung nach mehr Felder als man sinnvoll benötigt. Selbst wir nutzen nur einen Bruchteil davon.

Photo Mechanic - Structured Keywords

Photo Mechanic


Archivieren

Schon sind wir beim letzten Schritt angelangt, den alle unsere Fotos durchlaufen. Sie werden an ihren endgültigen Lagerort verfrachtet. Wir landen dabei wieder ganz unkompliziert im Windowsbrowser, wo die Ablage der Fotos ganz schlicht nach dem Aufnahmedatum unter Jahr und Kalenderwoche erfolgt.
Sobald die Aufnahmen in den Zielordner verschoben wurden, startet im Hintergrund ein automatischer Prozess, der die Aufnahmen mit einer einmaligen ID versieht, die sich im Dateinamen wiederspiegelt. Zugleich werden die Fotos für unsere hauseigene Bilddatenbank indiziert.

Nachdem sich bei Photo Mechanic die Suchfunktion leider immer nur auf den aktuell offenen Ordner bezieht und sich die Ladezeit ins Unermessliche steigern würde, wenn man alle Aufnahmen in einen Ordner packt, suchten wir lange nach einer Alternative. Nachdem wir auf dem Markt nicht wirklich etwas Zufriedenstellendes finden konnten, haben wir schließlich unsere eigene Bilddatenbank erschaffen: ITS ImageDB
Mit ihr können wir unsere gesamten archivierten Aufnahmen wie bei einer Google-Suche durchforsten und nach verschiedenen Kriterien zusätzlich filtern (z.B. nach unserem Farb-Rating, Aufnahmezeitraum, Kamera, Kategorie, Location, usw.)
In der Bildvorschau ist auch vermerkt in welchen Formaten das Bild bereits zur Verfügung steht.

ITS ImageDB

ITS ImageDB

Von hier aus können wir dann bequem die Bildbearbeitung starten, was natürlich auch bei Photo Mechanic möglich wäre.
 

Bearbeiten

Aufnahmen, die wir für die weitere Verwendung aus unserem Archiv ausgewählt haben, werden in diesem Schritt bearbeitet. Meist erfolgt das nur via RAW-Konverter. Hier waren wir eigentlich mit dem RAW-Konverter von Nikon Capture sehr zufrieden. Besonders die Funktion der lokalen Bearbeitung der Aufnahmen via View-Points gefällt uns sehr gut. Diese ermöglichen uns Justierungen der Helligkeit, Kontrast, Sättigung oder auch der Farben, ohne das gesamte Bild dabei zu verändern, sondern nur selektiv dort, wo der View-Point mit seinem verstellbaren Radius sitzt. Leider hat Nikon Capture abgespeckt und im Nachfolger Nikon Capture NX-D genau dieses Special Feature über Bord geschmissen. Das alte Nikon Capture NX 2, mit dem wir noch arbeiten, wird schon lange nicht mehr aktualisiert, so dass inzwischen die Aufnahmen unserer neuen Kameras nicht mehr von dem Programm gelesen werden können.

Nikon Capture NX 2

Nikon Capture NX 2

So sind wir, zumindest für unsere Aufnahmen aus den neueren Kameras, inzwischen zu Camera-RAW, dem integrierten RAW-Konverter von Photoshop umgestiegen. Die Bildbearbeitung der jüngeren Aufnahmen findet also gezwungenermaßen überwiegend in Photoshop statt, was früher nur in manchen Fällen zum Einsatz kam. Dazu gehörten damals das Panorama-Stitching, als auch DoF-Aufnahmen. Selbst HDRs bearbeiten wir in Photoshop, wobei wir hier die Bearbeitung lieber manuell vornehmen, als sie durch Photoshops HDR Pro automatisch zusammenfügen zu lassen. Die Ergebnisse, die durch HDR Pro erzielt werden, sehen unserer Meinung nach nicht sonderlich gut aus.

Dank Nik Collection, das sich in Photoshop integrieren lässt, haben wir auch inzwischen wieder unsere geliebten View-Points, für die selektive Bildbearbeitung zurück. Die Bearbeitung funktioniert nahezu identisch mit der Version, die wir aus Nikon Capture kennen. Der einzige Unterschied im Grunde genommen ist, dass wir uns dann bereits in Photoshop befinden und das Nik Collection eine eigene Ebene mit dem durch seine Tools bearbeitetem Bild anlegt.

Photoshop

Photoshop

Die bearbeiteten Bilder werden übrigens von uns im selben Ordner abgelegt, wie die RAW-Datei.
 

Publizieren

Dies ist der letzte Schritt. Im Vorfeld wird natürlich bei der Bearbeitung noch berücksichtigt für was die fertigen Bilder gedacht sind. Dabei veröffentlichen wir unsere Aufnahmen zumeist auf unserer eigenen Seite. Sehr selten findet man unsere Aufnahmen auf anderen Webseiten oder entsprechenden Communities, wie z.B. 500px.
Für die Präsentation auf unserer Webseite haben wir für das Back-End unserer Webseite, ein hoch spezialisiertes CMS entwickelt, das wir auf den Namen ITS GalleryPresenter tauften. Hier laden wir unsere Aufnahmen einzeln oder en bloc hoch. Auch die Ordnerverwaltung ist hier festgelegt und via Leuchttisch können wir unsere Aufnahmen ganz individuell zuordnen.

Gelegentlich nehmen wir aber auch an Wettbewerben teil oder geben unsere Fotos einzeln oder als Kalender in Druck.