Tagebuch
Schon während unseres letzten Aufenthaltes an den Plitvicer Seen entdeckten wir zufällig, dass der alte Wanderweg entlang des Korana, unterhalb des großen Wasserfalls am Haupteingang, wieder aufgebaut wurde. So planten wir bereits ein Jahr später einen weiteren Besuch an den fallenden Seen. In freudiger Erwartung, dass „unentdeckte Land“ der Plitvicer Seen zu erkunden, wanderten wir die Serpentinen beim Haupteingang hinunter und standen tatsächlich vor einer neuen Weggabelung, die es im letzten Jahr noch nicht gegeben hatte. Doch wider Erwarten zierte ein orangenes Absperrband den Weg und hinderte uns daran ihn zu beschreiten. Waren sie nach über einem Jahr noch immer nicht fertig? Enttäuscht drehten wir unsere übliche Runde durch den Nationalpark. Erst als wir gegen Abend wieder zum Haupteingang zurückkehrten, fiel uns ein weiterer Wanderweg auf, der augenscheinlich oberhalb der Schlucht flussabwärts führte. Nachdem es noch nicht dunkel war, unternahmen wir eine spontane Erkundungstour. Wir waren überrascht, als der Weg nach einer Weile plötzlich hinab in die Schlucht führte und wir schließlich zu einer riesigen Höhle kamen. Der Weg führte sogar noch weiter flussaufwärts und plötzlich standen wir unterhalb des riesigen Wasserfalls in der Schlucht. Genau dort wo wir eigentlich hin wollten und kein einziges Absperrband hatte uns davon abgehalten. Wir fanden auch (mutmaßlich) eine Erklärung für die Sperrung der anderen Seite des Rundweges: Die Treppe, die direkt Richtung Haupteingang führte, war anscheinend irgendwann Opfer eines kleinen Steinschlages geworden. Ein paar Stufen waren leicht beschädigt. Was unserer Meinung nach, in kurzer Zeit behoben werden konnte. Aber wer weiß, vielleicht steckte auch noch mehr dahinter. Schließlich waren wir ja nicht vom Fach.
Bereits am nächsten Vormittag standen wir aber wieder in der Schlucht, bei einem kleinen Wasserfall neben einer Wendeltreppe im Jugendstil. Wir versuchten uns gerade in Gegenlichtaufnahmen, als eine Rangerin in Begleitung von ein paar Touristen plötzlich hinter uns stand und mit grimmigen Gesicht und Worten verlangte unsere Genehmigung vom Kulturministerium zu sehen. Natürlich hatten wir keine, da uns nichts dergleichen bekannt war. Die „rote Zora“, wie wir sie insgeheim aufgrund ihrer roten Haare sofort nannten, schimpfte: „That’s not allowed!“ und drohte uns sogar unsere Kameras abzunehmen, wenn wir nicht schleunigst von hier verschwanden. So war das Idyll des unentdeckten Lands dahin und wir packten ein wenig frustriert die Ausrüstung zusammen. Mit finsteren Blicken verfolgte sie unseren Aufbruch. Unterwegs rätselten wir noch darüber, ob die Personen in ihrem Schlepptau im Vorfeld eine entsprechende Genehmigung beantragt hatten. Auf uns machten sie jedoch nicht den Eindruck, als wären sie mit ihrem Kompaktknipsen ein professionelles Kamerateam oder gar Forscher, sondern schlicht und einfach nur ganz normale Touristen.
Wieder beim Haupteingang angekommen, fragten wir sofort nach, ob man eine Genehmigung von wem auch immer benötigte, um sich auf den neuen Wegen unten am Fluss aufhalten zu dürfen. Die Angestellten am Haupteingang, als auch die Ranger-Kollegen der „roten Zora“, die wir den restlichen Tag im Nationalpark antrafen, wussten nichts davon. Auf die zweite Frage hin, ob wir ohne weiteres nach unten gehen durften, sagten sie alle „Ja, auf unsere eigene Verantwortung“. Wusste die „rote Zora“ mehr als alle anderen oder hatte sie maßlos übertrieben, um den unerwünschten Touristen Herr zu werden? Oder war es nur eine Show, die sie für die Touristen abzog, die wahrscheinlich viel Geld für ihre exklusive Führung gezahlt hatten?
Erstaunlicherweise war am nächsten Tag das orangene Absperrband einem sehr robusten Lattenzaun gewichen, der über jeden Zweifel erhaben war. Allerdings war der Weg hinten herum nach wie vor frei begehbar, was wir dann doch etwas sehr seltsam fanden.