Erlebnisbericht

Nationalpark Plitvicer Seen



Nur noch vereinzelt dringen die Sonnenstrahlen an diesem Spätfrühlingstag durch das  dichte Blätterdach des Waldes, bis hinab auf den Erdboden. Es ist angenehm Kühl und das Laub des vergangenen Jahres raschelt unter unseren Füssen, während wir dem Weg folgen. Vögel zwitschern verborgen im Geäst. Plötzlich blitzt etwas zwischen den Bäumen und Sträuchern hervor. In gespannter Erwartung auf das was vor uns liegt, wandern wir weiter. Kurz darauf gibt der Wald uns den Blick auf einen wunderschönen See frei. Sonnenstrahlen tanzen auf seiner Wasseroberfläche und aus der Tiefe herauf schimmert er in prachtvollen Farben von Türkis bis hin zu hellen Smaragdgrün. Im glasklaren Wasser können wir einen Schwarm Fische sehen, der zwischen alten Zweigen längst versunkener Bäume schwimmt. Das Gerippe dieser Bäume ist von einer sandartigen Kruste überzogen.
Ein Wanderweg führt am Ufer entlang. Dem Ende des Sees näher kommend, wird das Zwitschern der Vögel allmählich von einem neuen Geräusch abgelöst. Erst leise, dann immer lauter, bis wir außer dem Dröhnen nichts mehr wahrnehmen und  direkt an dessen Ursprung stehen: Einen atemberaubenden Wasserfall, über den sich Myriaden von Wassertropfen, glitzernd wie Diamanten, in die Tiefe stürzen. Unten erwartet sie ein weiterer smaragdgrün schimmernder See, an dessen Ufer Schilf, Pestwurz und viele andere Wasserpflanzen wachsen. Einige Meter entfernt, am gegenüberliegenden Ufer, entdecken wir eine breite Kaskade über die der See weiter in die Tiefe fällt.

Unser erster Besuch in Kroatien, an den Plitvicer Seen, liegt schon einige Jahre zurück. Die erste Fahrt über die Landstraßen und Dörfer die uns zu unserem Reiseziel führten, werden wir jedoch nie vergessen. Nicht das es etwas Besonderes gewesen wäre. Einfache Landstraßen mit Wäldern und Wiesen und kleine Dörfer. Wir hätten auch durch den Bayerischen Wald fahren können. Unvergesslich machten es die Häuser die noch immer vom Krieg gezeichnet waren. Der Unabhängigkeitskrieg, den wir nur aus den Nachrichten kannten, lag damals schon 15 Jahre zurück, aber der Anblick der mit Einschusslöchern übersäten Fassaden, holte ihn in die Gegenwart zurück. Es waren nur ein paar wenige Häuser, dessen Fassaden inzwischen auch längst unter neuen Putz verschwunden sind. Damals rief es aber in uns ein mulmiges Gefühl hervor, welches uns auf den Streifzügen durch den Park begleitete. Unsere Sorge vor Minen, auf die wir versehentlich treten konnten, war jedoch unbegründet. Tatsächlich gehörte der Park zu den ersten Gebieten, die von Minen befreit wurden.

Schockierender fanden wir jedoch die Verhaltensregeln, die uns in Form von Piktogrammen auf über ein Dutzend Schildern begrüßte, während wir zum Parkeingang marschierten. Klassiker wie 'Wege nicht verlassen', 'Kein Feuer machen', 'Kein Müll wegwerfen' oder 'Hunde nur an der Leine führen', waren für uns verständlich. Aber warum es zum Beispiel ein Schild für 'Nicht Schreien' gab, erschloss sich uns nicht. Warum man sich überhaupt genötigt fühlen könnte im Nationalpark zu schreien? Vielleicht um Hilfe, wenn einem unerwartet etwas zugestoßen war und das sollte verboten sein? Naja. Wie heißt es so schön: Andere Länder, andere Sitten. Immerhin entdeckten wir zu unserer Erleichterung „noch“ keine Verbotsschilder für Stative oder generell was das Fotografieren anbelangte.

Auf unseren Streifzügen durch den Nationalpark, entlang an den 12 kaskadenförmigen Seen, fällt uns auf, dass sich das Erscheinungsbild der Plitvicer Seen nach und nach verändert, je nachdem wo man sich befindet:

Oben angefangen, bei den großen Seen, geht es relativ ruhig zu. Die Massen, die aus den Reisebussen gespült werden und die im Eiltempo Selfies und Gruppenfotos von sich und dem größten Wasserfall des Nationalparks schießen, kommen hier in der Regel nicht hin. Der Prošcansko jezero und der Ciginovac jezero liegen eingebettet zwischen bewaldeten Hügeln und auch die Wasserfälle sind eher beschaulich, statt spektakulär. Dennoch lohnt sich eine Wanderung in den abgelegenen Teil des Gebietes. Wir haben damals allerdings auf die harte Tour gelernt, dass die Elektrobusse und -fähren aus Sicht der Fotografen ziemlich zeitig ihren Betrieb für den Tag einstellen. Unglücklicherweise hatten wir auch noch unser Auto beim Haupteingang Nummer 1 geparkt. Das waren knapp über 7 Kilometer, die wir bei fortschreitender Dämmerung zurücklegen mussten. Immerhin gehören Stirnlampen zu unserer Standardausrüstung, so dass wir uns die letzten Kilometer nicht auch noch durch den stockdunklen Wald ertasten mussten.

Vom zweiten Haupteingang aus, bei den Hotelanlagen, können wir sehr bequem mittels Elektrofähre innerhalb kurzer Zeit die oberen Wasserfälle erreichen. Der Veliki prštavci und der Galovacki buk sind hier neben anderen schönen Wasserfällen und Kaskaden zu finden. Dabei wandern wir auf verschlungenen Bohlenwegen, die mitten in die kleinen Seen gebaut wurden. Das bietet uns die Möglichkeit den Wasserfall nicht nur vom klassischen Ufer, aus weiter Ferne zu fotografieren, sondern wir stehen mehr oder weniger zu seinen Füssen. Großer Nachteil bei diesen Bohlenwegen ist jedoch, dass sobald sich jemand darauf bewegt, die ganze Konstruktion in Schwingung versetzt wird. Die Vibrationen sind zwar nur minimal, aber für die Kamera auf dem Stativ schon ausreichend, um verwackelte Bilder zu bekommen. Vor allem dann wenn wir unsere Einstellungen so wählen, dass der Betrachter die Fließbewegung später im Bild sehen kann. Da heißt es nur sich in Geduld zu üben und zu hoffen, dass die Scharen an Besucher eine ausreichende Lücke lassen, damit das geplante Foto gelingt.

Die beste Zeit ist natürlich morgens oder abends, wenn die Sonne tief steht und das Licht wesentlich weicher ist. Zu dieser Zeit sitzen auch die meisten Touristen noch beim Frühstück, bzw. widmen sich schon wieder dem Abendessen, was ganz angenehm ist. Allerdings lassen sie morgens nicht sehr lange auf sich warten, bis auch sie wieder den Park stürmen.
Dass die Elektrobusse und –fähren ihren Betrieb zeitig einstellen, haben wir bereits kurz erwähnt. Leider beginnt der Betrieb auch nicht so früh, wie wir bereits mit unseren Kameras unterwegs sind.  Da heißt es dann eine knappe Stunde extra einzukalkulieren, um auf die andere Seite des Sees, zu den oberen Wasserfällen kommen.

Die Fähre legt aber nicht nur auf der gegenüberliegenden Seite bei den oberen Wasserfällen an, sondern schippert auch gemütlich quer über den ganzen Kozjak jezero. Direkt am dortigen Anleger erwartet uns eine Hütte mit Picknickbänken, wo wir überteuerte Getränke, Eis und fettiges Essen kaufen können. Von dort führen auch mehrere Wanderwege weiter Flussabwärts. Dabei haben wir die Wahl direkt am Wasser zu bleiben oder oberhalb der Schlucht zu wandern, die hier ihren Anfang nimmt. Jeder dieser Wanderwege hat seinen Reiz, wobei es fraglich ist, ob man von den oberen Aussichtspunkten tatsächlich noch in die Schlucht blicken kann oder nicht. Wir haben zumindest das Gefühl, dass sich die Ranger an das Verbot halten 'keine Bäume beschädigen', so dass der eine oder andere Aussichtspunkt inzwischen zugewachsen ist.

Während alle Wege bekanntlich nach Rom führen, so führen die Wege im Nationalpark alle zum Veliki slap, dem größten Wasserfall des Parks. Hier geht es in der Haupt- und Nebensaison derart zu, das Fotografieren gar keinen Spaß mehr macht. Die Besucherströme reißen teilweise gar nicht mehr ab, so dass es auf den Bohlenwegen regelrecht zu Staus kommt. Standardmäßig pilgern die Reisebuss-Gesellschaften vom Haupteingang hinunter zum Fuß des größten Wasserfalls im Nationalpark, um dort an der Stelle, wo einst Winnetou mit seinem Pferd ritt, ein Gruppenfoto zu schießen. Immerhin gibt es noch ein paar andere Aussichtspunkte, von denen sich der Wasserfall besser und mit weitaus weniger Touristen um einen herum fotografieren lässt.

Damit wäre die Wanderung durch den Nationalpark, entlang der Seen und Wasserfälle eigentlich abgeschlossen. Aber schon damals entdeckten wir, dass das ursprüngliche Wegenetz des Nationalparks noch ein gutes Stück weiter ging. Zu unserer großen Freude begann die Parkverwaltung auch in den drauf folgenden Jahren, das Wegenetz unterhalb des großen Wasserfalls, entlang des Korana bis zur großen Höhle zu renovieren. Nach Fertigstellung ließen wir uns natürlich nicht entgehen dieses Areal zu erkunden und waren restlos begeistert, als auch entgeistert. Das untere Areal war noch wilder und schöner als der Rest und wir freuten uns auf viele Stunden, die wir dort mit unseren Kameras verbringen wollten. Doch dem wurde uns ein jähes Ende gesetzt.

Nachdem aus der bisher unsichtbaren Absperrung in der Nähe des Haupteingangs, kurzerhand auch eine sehr materielle Absperrung geworden war, sind wir nicht mehr an den Plitvicer Seen gewesen. Wir wissen nicht ob der Weg danach wieder freigegeben wurde oder ob er nur für extra Geld als geführte Tour zu haben ist.

Weiter Flussabwärts und ca. 30 Kilometer nördlich des Nationalparks, treffen wir am Zusammenfluss des Korana und der Slunjcica auf die "kleinen Plitvicer Seen". Hier hat sich ein ähnliches Landschaftsbild gebildet, wie wir es im Nationalpark vorgefunden haben. Sie gehören aber nicht zum Nationalpark, sondern liegen mitten in der Kleinstadt Sluni. Genauer gesagt im historischen Ortsteil Rastoke, den man für eine kleine Eintrittsgebühr besichtigen kann. Wir fanden es faszinierend, wie die Architekten die Häuser einfach in und über die Wasserfälle gebaut haben.

Wenn wir vor Ort bei den Plitvicer Seen sind, residieren wir gerne in einen der umliegenden Hotels. So lassen sich die kürzeren Tage, als auch unverhofftes schlechtes Wetter, besser ertragen. Ein weiterer Pluspunkt eines Hotelaufenthaltes ist, das bestimmte Hotels rund um die Plitvicer Seen anbieten das Ticket ohne Aufpreis für die Dauer des Aufenthaltes zu verlängern. Voraussetzung ist jedoch der Besitz eines aktuellen Tagestickets des Nationalparks. Auch der Campingplatz „Korana“ bietet ein vergleichbares Angebot, allerdings erst bei Vorlage eines 2-Tage-Tickets.
Von der offiziellen Nationalpark-Seite haben wir erfahren, dass der Besuch im Nationalpark inzwischen nur noch mittels Vorabreservierung unter Angabe des genauen Datums und der Eintrittszeit möglich ist. Wahrscheinlich will die Parkleitung damit den Zutritt zum Nationalpark limitieren, um den rasant gestiegenen jährlichen Besucherzahlen entgegen zu treten. Denn in 2011 verzeichneten sie noch voller Stolz den Millionsten Besucher des Jahres, während sie im Jahr 2018 schon die 2 Millionenmarke überschritten.

UNESCO hat inzwischen mehrfach gedroht das Weltnaturerbe wieder auf die rote Liste zu setzen, wenn die Parkverwaltung der Besucherzahlen, als auch der Wasserverschmutzung und den ausufernden Baugenehmigungen nicht Herr werden.
Wir behalten die Plitvicer Seen als ein einzigartiges Stück Natur in Erinnerung, dass wie so viele schöne Orte, unter dem Andrang leidet. So begrüßen wir jede noch so kleine Maßnahme mit der die Plitvicer Verwaltung Sorge trägt diesen Anblick für künftige Generationen zu bewahren.