Schottische Highlands



Die Grenze zu den schottischen Highlands passieren wir bereits wenige Kilometer hinter Stirling auf dem Weg nach Nordwesten, während die Ostküste bis Inverness noch zu den Lowlands gehört.
Schon im Süden der schottischen Highlands, ca. 25 Kilometer nordwestlich von Glasgow erwartet uns unser erstes Ziel: Der Nationalpark Loch Lomond & the Trossachs. Der See Loch Lomond, wird als der schönste See Schottlands beschrieben. Aber auch die benachbarten kleineren Seen sind wunderschön und sehr beliebt bei den Anglern. Gut ausgebaute Straßen führen zu den kleinen Anglerparadiesen, die genauso von Wanderern genutzt werden, um zu den Ausgangspunkten der schönen Wanderrouten zu gelangen. Durch dichte Wälder führen die Wege hinauf zu einen der Gipfel, von denen sich ein herrlicher Blick auf das Land bietet. Der Weg zum Gipfel des Ben A'an zum Beispiel schaut auf den ersten Blick viel schwieriger und länger aus, als er am Ende wirklich ist.

Leider ist in Schottland nicht jeder Wanderweg so gut erschlossen, wie wir das in der Regel aus den europäischen Alpen gewohnt sind. Zum Beispiel wollten wir eine Wanderung auf den Beinn Allign unternehmen. Doch schon beim Parkplatz standen wir vor dem Rätsel, wo denn nun der Weg begann. Auf der Karte war er links vom Fluss eingezeichnet, aber wir fanden nur auf der rechten Seite des Flusses einen Weg, den wir dann auch letztendlich nahmen. Als dieser sich immer weiter vom Beinn Allign entfernte, wanderten wir querfeldein, um doch noch ans Ziel zu kommen. Oben am Gipfel fanden wir den vermissten Wanderweg wieder und folgend ihm auf den Rückweg. Der Aha-Effekt, als wir schließlich wieder beim Parkplatz ankamen war groß. Denn der Weg, den wir da am Fuße des Beinn Allign so verzweifelt gesucht hatten, zog sich mitten durch ein Gebüsch und war von der Parkplatzseite kommend, (zumindest für uns) nicht als Wanderweg zu erkennen.
Aber so schwierig es vielleicht manchmal erscheint den richtigen Weg zu finden, die Aufstiege lohnen sich. Wir hatten eine großartige Aussicht über die Seen und Fjorde, sowie in die schottische Bergwelt hinein. Es lohnt sich auch statt der Wanderstative, die wir meist auf unseren Touren in den heimatlichen Alpen nutzen, die großen und zugleich schwereren Stative mitzunehmen. Denn auf dem Gipfel herrscht doch meist ein stattlicher Wind, dem die leichten Stative nicht viel entgegenzusetzen haben. Selbst wir hatten schon mit dem Wind zu kämpfen.

Doch nicht nur zu Fuß, sondern auch mit dem Fahrzeug lässt sich der eine oder andere Berg in Form eines Passes erklimmen. Auf der Höhe von Inverness, allerdings an der Westküste gelegen, befindet sich die Halbinsel Applecross, deren bewohnter Küstenstreifen über den Pass Bealach na Bá zu erreichen ist. Unser Reiseführer beschrieb die Straße nicht gerade als ungefährlich und für Wohnmobile kaum machbar. Die Neugier war geweckt und wir tasteten uns die Serpentinen und Steigungen von bis zu 20 Prozent empor. Bei 626 Höhenmetern, hatten wir den "Gipfel" erreicht und fragten uns verwundert, was jetzt eigentlich so schwer war. Die engen Serpentinen und auch die Single Track Road macht es bei Gegenverkehr zwar nicht einfach, aber nicht unmöglich und schon gleich gar nicht gefährlich. Der Blick in die Tiefe mag den einen oder anderen nicht ganz Schwindelfreien, auch ein leicht mulmiges Gefühl einflößen, aber ansonsten war die Strecke gut zu bewältigen. Vielleicht stellt sich die Strecke anders dar, wenn das Wetter wesentlich schlechter oder das Wohnmobil evtl. sehr altersschwach ist. Wir hatten zumindest bisher Glück und bei gutem Wetter ist der Blick von oben hinab auf Loch Carron auf der einen oder auf der anderen Seite über die Bucht zu den Inseln Raasay und Skye einfach nur großartig. Die Hochebene dazwischen erinnert dagegen eher an eine kärglich bewachsene Mondlandschaft, während die kleinen Ortschaften an der Küste entlang, verschlafen und weit weniger spektakulär wirken, als die Straße. Aber manchmal ist ja auch der Weg das Ziel.

Ein weiterer wunderschöner Ort in den schottischen Highlands ist das Tal Glencoe und das benachbarte Rannoch Moor. Eine Gegend, die einst Schauplatz eines der furchtbarsten Massaker in der schottischen Geschichte wurde, als die Campbells ihre Gastgeber, den Clan MacDonalds, ermordete. Auch hier gibt es einige Berge mit fantastischen Ausblicken, die es sich zu erwandern lohnen und von den wir einige noch auf unserer Liste für die nächste Reise haben. Das Rannoch Moor selbst, das sich direkt an Glencoe anschließt ist durchsetzt von unzähligen Wasserläufen, Tümpel und Seen. Bei der hohen Feuchtigkeit im Boden sind Gummistiefel ein wahrer Segen. Zu Anfang versuchten wir es noch mit den robusten (Leder)Wanderstiefeln, die wir auch in den heimatlichen Bergen benutzen. Es dauerte über zwei Tage bis sie endlich wieder trocken waren.
Im Rannoch Moor begegneten wir auch erstmals dem wohl berühmt, berüchtigtsten Tier Schottlands. Schon unser Reiseführer warnte uns vor diesem Tier: die Highland Midge. Kennzeichnend: Eine Midge ist niemals allein. Wenn sie auftauchen, dann sind sie in Massen da, hieß es. Also trafen wir bereits zuhause Vorkehrungen, um uns wenigsten ein wenig vor dieser Plage zu schützen: Lange Klamotten, im Notfall Handschuhe und Mückennetze für den Kopf. So dachten wir war unsere Haut vor diesen kleinen Vampiren sicher. Doch weit gefehlt. Die lange Kleidung schützte zwar, aber uns würde nicht wundern, wenn sich ein paar Midges beim Anblick unserer Mückennetze halb todgelacht haben. Die Maschen waren zu groß und die kleinen Monster krabbelten einfach hindurch. Das Beißen der Midges ist dabei eher das kleinere Übel. Viel schlimmer ist es, dass die Viecher versuchten in Mund, Nase, Ohren oder sogar Augen zu kriechen. In einem kleine schottischen Outdoorladen entdeckten wir dann unsere Rettung: Midges-Netze. Es war zwar fast so, als trügen wir eine von Omas nahezu blickdichter Gardinen im Gesicht, aber immerhin wurden wir so von den Midges verschont. Schwieriger ist es da schon die Biester von den Linsen unserer Kameras fern zu halten, was schier ein Ding der Unmöglichkeit ist. Kräftiges Wedeln kurz vor der Aufnahme und anschließend Photoshop um die vermeintlichen "Sensorflecken" weg zu retuschieren, sind eine Lösung. Alternativ sucht man das Fotomotiv einfach zu einem anderen Zeitpunkt auf, wenn die Gegend bzw. der Zeitpunkt nicht die nötigen die Rahmenbedingungen der Midges erfüllen. Ganz Recht, die kleinen Kerle sind sehr wählerisch, wenn es darum geht, wann sie in die Luft gehen. Abgesehen von den klimatischen Bedingungen wie hohe Luftfeuchtigkeit und Temperaturen von über 10 Grad Celsius, mögen sie wie alle Vampire keine Sonne. Leider zerfallen sie nicht, wie vielleicht insgeheim erhofft, zu Staub oder verbrutzeln, wie man das von einem anständigen Vampir erwarten könnte. Letzter Punkt ihrer Take-Off Checkliste ist die Windgeschwindigkeit. Bei über 10 km/h ziehen sie es vor besser am Boden zu bleiben.

Neben Bergen, Tälern und Mooren haben die schottischen Highlands natürlich auch unzählige Seen zu bieten, die teilweise sogar von den Meeren gespeist werden. Der berühmteste See, ist allerdings nicht wegen seiner beeindruckenden Tiefe oder Länge in aller Welt bekannt, sondern wegen seines mutmaßlichen Bewohners. Das in unseren Augen vielleicht noch interessanteste Motiv am Loch Ness, abgesehen von der sehr kamerascheuen Nessie, ist die Burguine von Urquart Castle. Leider ist die Burg aufgrund des nahen Nessie-Museums, ebenfalls stark besucht, so dass es nur wenig Spaß macht. Selbst außerhalb der Öffnungszeiten, zur blauen Stunde, ist es leider so gut wie unmöglich noch ein gutes Foto von der Burg zu schießen. Denn die Hecken und Büsche sind inzwischen so gewuchert, dass man selbst vom Parkplatz aus, keine freie Sicht mehr auf die Ruine hat.
Aber glücklicherweise verteilen sich über die Highlands noch einige Burgen mehr, die in den unterschiedlichsten Zuständen anzutreffen sind. Von ein paar wenigen verblieben Steinen über ein Museum bis zu "es wird noch bewohnt", ist alles drin. Ein absoluter Magnet, an dem jeder Tourist vorbeikommt, ist das Eilean Donan Castle. Der filmische Wohnsitz des berühmten "Es kann nur einen geben"-Highlanders. Allerdings ist die Burg nicht wirklich ein Relikt aus längst vergangen Zeiten, sondern wurde erst in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts in dieser Form wiederaufgebaut, nachdem sie bereits Anfang des 18. Jahrhunderts, während der Jakobiteraufstände, von den Engländern zerstört wurde.

Ganz andere Motive entdeckten wir in Oban: Die Highland Games. Wobei dies nur eine Veranstaltung von vielen ist. Von Mai bis September finden an jedem Wochenende irgendwo in schottischen Städten, Dörfern oder auch auf den Inseln diese sportlichen Events statt. Laut Highland Games Event Kalender im Internet kommen sie in Summe pro Saison auf fast 90 Veranstaltungen.
Im Gegensatz zu den Olympischen Spielen geht es bei den Highland Games nicht nur um den Sport. Auch die Musik in Form von Dudelsäcken und Trommel zählen zu den Wettkampfdisziplinen. Einige Highland Games sind zugleich auch Teil einer größeren Clan-Versammlung, den berühmten Gatherings. Die Highland Games rühmen sich auch damit, dass keines ist wie das andere. Tatsächlich ist es eher so, dass man nie sicher sein kann, was man bei den Highland Games zu sehen bekommt. Denn je nach Region kommen zumeist noch andere Nebenveranstaltungen, wie zum Beispiel Wettbewerbe mit Tieren oder ganze Paraden dazu. Fest im Programm stehen nur die Heavy Man, die nicht nur Hammer und Kugeln werfen, sondern sogar ganze Baumstämme durch die Arena schleudern. Die Highland Dancer, die sich im Gillie Callum (Schwert-Tanz) oder dem berühmten Highland-Fling (Solo-Tanz) messen, sind ebenfalls nicht wegzudenken. Und wo Tanz ist, da darf natürlich auch die Musik nicht fehlen. Einzelwettbewerbe oder in Gruppen, bis zu hundert Dudelsackspieler und Trommler, die als Mass Bands im Gleichschritt durch die Arena exerzieren. Außerdem wird sich in Tauziehen und weitere leichtathletische Disziplinen wie Laufen oder Radfahren gemessen. Unser persönliches Highlight waren natürlich die fliegenden Baumstämme der Heavy Man. Mit jedem Werfer fieberten wir mit, ob er den bis zu 60 Kilogramm schweren Stamm perfekt in einer Linie werfen konnte, so dass der Stamm beim Aufschlag nach vorne kippte und in einer zwölf Uhr Position zum liegen kam. Wirklich Hut ab und alle Achtung vor jeden der es auch nur probiert.